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  Gedichte & Gedanken
  Wintertag (Kurzgeschichte)
 




Wintertag

 Sie steht da, ihre großen Augen blicken ihn erwartungsvoll an. Ihr Schal ist bis über die Nase hochgezogen, ihre Fellkapuze wirft einen Schatten in ihr Gesicht, er sieht dass ihre Wangen eine leichte Rötung vorweisen. Ihre Haarspitzen liegen auf ihrer Schulter. Ihr Mantel ist schwarz, wie ihre Handschuhe und ihre Stiefel. Ihr weißer Schal sticht deutlich hervor. Der Brustkorb senkt und hebt sich gleichmäßig. Am liebsten würde er seine Hand ausstrecken und ihr über das glatte, blasse Gesicht streichen. Aber seine Hand liegt nur locker in seiner Jackentasche. Sie fängt an unruhig von einem Fuß auf den anderen zu hüpfen. Er muss lächeln, sie ist also auch aufgeregt.

„Ist dir kalt?“, fragt er fürsorglich und blickt verlegen zu Boden. Sie zögert einen Moment, folgt seinem Blick. „Ja...“, antwortet sie schließlich im Flüsterton. „Lass uns ein bisschen spazieren gehen, vielleicht wird dir dann etwas wärmer“, schlägt er vor. Ihre grünen Augen blitzen auf, dann nickte sie schweigend. Er hält ihr die Hand hin, sie ergreift diese stumm, blickt nicht auf. Ihn durchfließt eine unbekannte Wärme, bekommt Schmetterlinge im Bauch. Während sie langsam den Weg über die Brücke gehen, liegt ihre Hand noch locker in seiner. Plötzlich reißt sie ihre Hand aus seiner. Erschrocken fährt er zusammen, hat er ihr etwa wehgetan?

„Da!“, sie zeigt begeistert in den Himmel und deutet mit ihrem Kopf ebenfalls in die Richtung. Ihre Kapuze ist zurückgefallen und ihre Haare fliegen im eisigen Wind. Er sieht sie zum ersten mal lächeln und ist so begeistert, dass er gar nicht zum Himmel hinauf schaut, sondern nur ihre unvorstellbare Schönheit betrachtet. Plötzlich wendet sie das Gesicht zu ihm. „Hast du gesehen“, strahlend deutet sie wieder hinauf „Da war eine Sternschnuppe!“ Er schüttelt lächelnd den Kopf, „Nein, das kann nicht sein, es ist viel zu hell, als dass man eine gesehen hätte.“ Sie zieht einen Schmollmund, „Ich hab's doch gesehen!“ Er möchte antworten, sagt aber nichts. Stattdessen nimmt er sie einfach in den Arm. Es ist ihre erste Begegnung aber er spürt, dass sie zusammen gehören. Sie sagt nichts, regt sich nicht. Nach einer Weile bricht er das Schweigen. „Weiß deine Mutter, dass du hier bist?“ Sie blickt auf. „Ja; sie hatte gebeten her zukommen.“ Er überlegt kurz. „Möchtest du zu mir kommen?“ Sie nickt begeistert und fragt, ob sie auch eine heiße Schokolade bekommen dürfte. „Natürlich“, sagt er, und sie machen sich gemeinsam auf den Weg zu ihm. Es wird spät, und die Kleine schläft auf seinem Sofa ein. Soll er sie zu sich ins Bett legen? Vielleicht möchte sie das aber auch nicht. Er lässt es sein und deckt sie vorsichtig zu. Er drückt ihr einen Gutenachtkuss auf die Wange und geht zu Bett.

Am nächsten Morgen weckt er sie mit einem Frühstück. Sie freut sich riesig und bedankt sich ganz herzlich bei ihm. „Sag deiner Mutter bitte nicht, dass du hier geschlafen hast. Bestimmt ist sie dann sauer, du weißt doch. Das ist unser erstes Treffen.“ Sie schüttelt energisch den Kopf. „Keine Angst, sie hat nichts dagegen. Du bist ihr doch nicht fremd!“ Er setzt sich zu ihr an den Tisch und frühstückt mit ihr gemeinsam. „Schade, dass du wieder weg musst. Ist es schlimm da wo du bist?“, sie blickt ihn fragend an. „Ich bin ja nicht als Soldat da, mein Schatz. Ich versorge die Verletzten nur.“ Er drückt ihre Hand leicht, „Aber lass gut sein, ich möchte den letzten Tag hier in Deutschland noch mit dir genießen.“ Sie klatscht aufgeregt in die Hände, „Lass uns an den See gehen!“

Zusammen gehen sie zu einem schönen See, der bereits gefroren ist. Wieder gehen sie Hand in Hand, und wieder spürt er dieses unglaubliche Gefühl. Er möchte nicht gehen. Er schaut auf die Uhr. Kurz vor 8 . Sie muss bald nach Hause. Der Wind pfeift sanft um seine Ohren, er hat seine Mütze ihr abgegeben, sie hatte ihre vergessen. Er möchte nicht, dass sie sich erkältet. „Ich mag den Winter“, flüstert sie plötzlich. „Wieso?“, fragt er verwundert und blickt sie fragend an. Wieder leuchten ihre Augen auf, so wie jedes mal, wenn sie sich über etwas freut. „Weil ich dich sehen durfte“, sagt sie und diesmal umarmt sie ihn. Sie stellt sich auf die Zehnspitzen und versucht ihm einen Kuss auf die Wange zu geben, aber er ist zu groß. „Ich liebe dich“, flüstert sie und hat dabei Tränen in den Augen, „Ich will nicht dass du gehst“„Ich liebe dich doch auch mein Mäuschen“, er bückt sich zu ihr herunter und gibt ihr einen Kuss, „Aber ich muss los, sonst verpasse ich meinen Zug“

Sie will ihn begleiten, also gehen sie zusammen zum Bahnhof. Beide sind traurig, es herrscht eine unglaubliche, bedrückende Stille. Die erste Schneeflocke dieses Jahres fällt zu Boden, dann die Nächste und dann die Nächste. Nach einiger Zeit, während sie da stehen und auf den Abschied warten, färbt sich die Welt weiß. „Schneit es auch dort, wo du hingehst?“, fragt sie ihn. „Nein, leider nicht“, meint er und legt seine Hand auf ihre Schulter, „Schade dass deine Mutter mich nicht sehen wollte.“ Der Zug fährt vor. Sie rühren sich nicht. „Auf wiedersehen mein Engel“, flüstert er ihr ins Ohr, als er sie noch ein letztes Mal drückt. Sie wird sehr traurig und eine Träne läuft ihre Wange herab.

Und während sie ihm zuschaut wie er einsteigt und ihr zum letzten mal Winkt ruft sie:

„Auf Wiedersehen Papa“
 


Geschrieben von Renate Wunder



Diese Kurzgeschichte wurde von Renate Wunder Geschrieben und Verfasst und ist somit ihr geistiges Eigentum.
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